Alemannia VI

Quellsage von Teinach
Der Schäfersfelsen im Teinachtale
Mutesheer bei Dennjächt
Der Geist in der Sonntagshütt
Sage von Monakam
Der Geist von Wekershausen
Geister beim Gaisburger Schloß unweit Holzbronn
Der Wetterableiter von Altburg
Lichter bei Altburg
Der Altar in Monakam
Spuk beim Maierhof in Ottenbronn
Hund als Begleiter
Der Feuerschläger
Der Untergänger
Brücke nicht geheuer
Geist vor Althengstett
Der lange Mann
Der Kochlöffelbub
Der Stickel
Der Nonnenwagschimmel
Die Wandelbilder in der Kirche zu Aichhalden
Kirche nicht geheuer
Erdmännlein in Aichhalden
Die Glocke zu Simmersfeld
Glauben an alte Rechte

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[…]

      1   Q u e l l s a g e   v o n   T e i n a c h.  Bei Verfolgung der Färte des Wildes kam ein Jäger bis auf die Talsole an eine dicht umwachsene Stelle, an die er noch nie gekommen war. Da sah er zu seiner Ueberraschung unweit von dem Rande des Baches einen Wasserstrudel emporquellen, an welchem einige Hirsche badeten. Das war die mineralische Quelle, welche später so manchem Kranken zur Gesundheit, manchem Gesunden zur Verjüngung half2) und welche bis auf den heutigen Tag die Hirschquelle heißt. (Mündlich.)

[…]
2) Eine Quellinschrift in Teinach lautet: Aegrotos sano, sanos recreo. Vgl. die Sage von Wildbad.



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      2   D e r   S c h ä f e r s f e l s e n  i m  T e i n a c h t a l e.  Bei dem Brückchen an der Walkmühle im Teinachtal, wo die Neubulacher Steige beginnt, tritt zwischen der Straße und dem Ufer des Teinachbaches aus einem Wisengrunde ein schwarzgrauer Sandsteinfelsen zu Tag, unter welchem ein  v e r w u n s c h e n e r  S c h ä f e r  begraben ligen soll. (Mündlich.)



      3   M u t e s h e e r   b e i   D e n n j ä c h t.  Zwischen Dennjächt und Unterreichenbach wird die im Nagoldtale hinziehende Straße zur Linken von einem ziemlich hohen Raine begrenzt. Derselbe ist alljährlich schön begrast bis auf einen kreisförmigen Ring von etwa einem Meter Breite, welche Stelle beinahe ganz kal und abgestanden bleibt. Hier läßt sich, wie die Sage get, das Mutesheer nieder; denn die Stelle ist einer seiner Tanzplätze. (Mündlich)



      4   D e r   G e i s t   i n   d e r  S o n n t a g s h ü t t.  In der wildromantischen und abgelegenen Schlucht des Monbachtales (Grenze zwischen Baden und Wirtemberg bei Liebenzell) stand auf der badischen Seite eine bewonte Hütte an der Berghalde, deren Trümmer noch jezt vorhanden sind. Iren Namen hatte sie von einem Besizer, Sonntag. In dieser Hütte hauste ein Klopfgeist, der allerhand Schabernak trieb, das Vieh im Stalle losband, Türen auf und zuschlug, so daß die Leute vor im keine Ruhe hatten und schließlich sich gezwungen sahen, die Hütte zu verlaßen. Diser Klopfgeist soll ein früherer Hirschwirt in Liebenzell gewesen sein, der im eigenen Hause habe gehen müßen. Ein Geisterbanner habe denselben aber in einem Sack in das verlaßene Monbachtal hinausgetragen und in jene Hütte gebannt. Andere haben bei dem Klopfgeist auch an einen verstorbenen Holzdieb, den Strickerhannesle, gedacht und sprechen, wenn sie von dem Spuk reden, kurzweg von Strickerhannesle. (Mündlich von Dennjächt.)



      5   S a g e   v o n   M o n a k a m.  Der Ort Monakam, der jezt auf einer Hochfläche ligt, soll früher am Talabhang in der Richtung gegen Neuhausen gelegen sein, auf der Flur Weileräcker, auch „im Garten“ genannt. Im Schwedenkrieg wurde der Ort aber zerstört und später auf der jezigen Stelle erbaut. Auf den Weileräckern stieß einst ein Bauer beim Pflügen auf einen metallenen Keßel, der einen großen Schaz enthielt. In der ersten Ueberraschung stieß er nun einen Fluch aus, worauf sofort der Kessel in die Erde versank, die sich aufgetan hatte und über demselben sich wieder verschloß. Auf diser Stelle hat man zu verschidenen Malen, hauptsächlich zur Adventszeit, ein großes Feuer gesehen. (Mündlich von Monakam.)



      6   D e r   G e i s t   v o n   W e k e r s h a u s e n.  Hinter Unterhaugstett, am Rande der Hochebene, links von der nach Liebenzell fürenden Straße stand ein abgegangener Wonort Wekershausen. Dort get ein Geist, welchen merere Leute als eine hohe Flamme, halb so hoch als ein Haus, schweben gesehen haben. Die Erschei-[163]nung hat nicht selten auch Leute, obwol sie mit der Oertlichkeit ganz wol vertraut waren, irre gefürt, indem sie die „Fackel“, welche erst vor inen hergieng, plözlich auf ganz anderer Stelle sahen. (Mündlich von Ottenbronn und Unterhaugstett)



      7   G e i s t e r   b e i m   G a i s b u r g e r   S c h l o ß   u n w e i t   H o l z b r o n n.  Auf der Holderwise bei Holzbronn, nahe dem Wald, am Fußweg zu den Ruinen des Gaisburger Schloßes, hat man nachts zu verschidenen Zeiten stets zwei oder drei gegen einander wandelnde Lichter gesehen. In den fünfziger Jaren geschah es einmal, daß zwei Holzfrevler, Brüder, zu später Stunde noch in dem anstoßenden Walde waren. Auf einmal kam ein großer Hund heran, fur dem einen der Brüder zwischen die Beine und trug in troz aller Versuche, sich frei zu machen, und troz allem Hilferufen rittlings eine weite Strecke, der Schloßruine zu. Die Holzbronner versichern auf das Bestimmteste, die Lichter und der Hund seien keine natürliche Erscheinungen, sondern Geister von dem Gaisburger Schloße. (Mündlich.)



      8   D e r   W e t t e r a b l e i t e r   v o n   A l t b u r g.  Unweit des Ortes Altburg bei Calw, erhebt sich auf der früheren Pfarrwise, hart am Wege, ein kleiner Hügel, auf welchem früher ein Gartenhäuschen gestanden; dasselbe soll vom Pfarrer Bohnenberger erbaut worden sein, einem Manne, welcher im Rufe stand, übernatürliche Künste betriben zu haben, namentlich soll er auch im Stande gewesen sein, ein Wetter in einem Kochkessel zu bannen. Von dem Hügel, auf welchem das Gartenhäuschen stand, get nun im Orte die allgemeine Sage, derselbe sei für den Ort ein Blizableiter, sei ein Wetter bis dahin vorgeschritten, so komme es nimmer weiter. Tatsache ist, daß Altburg äußerst selten unter Blizschlag und Gewitterschaden zu leiden hatte. (Mündlich.)



      9   L i c h t e r   b e i   A l t b u r g.  Bei Altburg hat man an der Stelle, wo früher das jezt abgebrochene Schloß stand, öfters, und besonders in der Adventszeit Lichter wandeln sehen.
(Mündlich.)



      10   D e r   A l t a r   i n   M o n a k a m.  In der Kirche zu Monakam stet ein geschnizter Altar mit Flügeln, der um 1802 von der in dem Kirchhofe gestandenen ursprünglichen Kirche in die jezige Kirche übertragen wurde und zu welchem in früheren Zeiten aus dem Schloß Liebeneck und Umgegend regelmäßige Wallfarten geschahen. Auch sollen an disen Altarschrein bedeutende Rechte in den nahen Herrschaftswaldungen geknüpft gewesen sein, weswegen die Weilderstädter denselben gern an sich gebracht hätten, indem sie sich erboten, sovil Kronentaler dafür zu bezahlen, als man brauche, um den Weg von Weilderstadt bis zur Kirche in Monakam, einen an den andern gereit, damit zu belegen. Aus dem Handel sei aber deshalb nichts geworden, weil die Bilder des Altarschreins stets wieder von selbst nach Monakam auf ire alte Stelle zurückkerten. (Mündlich.)



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      11   S p u k   b e i m   M a i e r h o f   i n   O t t e n b r o n n.  Bei dem Maierhof außerhalb des vormals Hirsauischen Klosterorts Ottenbronn (auch Ottenbronner Hof genannt) auf der Flur Birkenäcker soll früher eine Stadt gestanden sein, wie man denn auch beim Pflügen daselbst „lauter Ziegel“ findet. Ueber dise Aecker hat man schon oft, namentlich in der Adventzeit, ein Licht hinwandeln sehen, das sich von den äußersten Häusern vom Ort weg in der Richtung gegen Hirsau bewegte, und das bald langsam gieng, bald stillstand, und bald „schnell wie das Wetter“ weiterlief. Der Schultheiß Rentschler selbst hat das Licht oft vom Fenster aus beobachtet. Auf derselben Stelle ist auch schon ein kopfloser Reiter auf einem Schimmel gesehen worden, der jedoch in umgekerter Richtung, von außen gegen das Dorf her, sich bewegte und in der Nähe des Dorfes verschwand. (Mündlich.)



      12   H u n d   a l s   B e g l e i t e r.  Im Sommer 1839 fur die Frau des früheren Schultheißen mit iren zwei Kindern, worunter der Erzäler dises, der jezige Schultheiß Ziegler, von Gechingen nach Wildbad. Es war früh Morgens um 3 Ur. Nicht weit von Gechingen fürt der Weg an einem Eichwald vorbei. Da behauptete die Frau auf einmal, sie müßen von dem richtigen Wege abgekommen sein, auch laufe ein mächtig großer Hund neben dem Wagen her. Troz aller Gegenversicherungen des Furmanns und der Kinder, welche den Weg wol kannten und auch von einem Hund nichts sahen, blieb sie doch fest auf irer Behauptung. Als man aber die Grenze der Markung erreichte, war der Spuk wie abgeschnitten, auch hat weder vorher noch nachher Jemand von einer Erscheinung etwas bemerkt. (Mündlich von Gechingen.)



      13   D e r   F e u e r s c h l ä g e r.  In dem Hause des Ratsschreibers Mayer in Deckenpfronn bei Calw get ein Geist um. Derselbe läßt sich, so oft eine bauliche Veränderung in dem Hause getroffen wird, im Keller vernemen, wo er ein Geräusch macht, wie wenn Jemand Feuer schlage. Bei der lezten Bauveränderung im Jar 1836 habe Mayer, wie er selbst bezeugt, das Feuerschlagen ganz deutlich vernommen und dem Unsichtbaren zugerufen: „schlag du Feuer solang du witt!“ Es soll Einer sein, der in den Kriegszeiten um das Leben kam. (Mündlich.)



      14   D e r   U n t e r g ä n g e r.  Auf der Flur Bremet, Markung Deckenpfronn, get der Geist eines Untergängers. Er soll schon merfach mit einer Kreuzscheibe dort gesehen worden sein. (Mündlich.)



      15   B r ü c k e   n i c h t   g e h e u e r. Unterhalb Speßhardt auf dem Wege zwischen Calw und Zavelstein, fürt ein hölzerner Steg über den Bach, bei welchem Nachts Vorübergehende schon Orfeigen von unsichtbarer Hand erhalten haben. (Mündlich.)



      16   G e i s t   vor  A l t h e n g s t e t t.  Zwei Männer von Althengstett giengen Nachts einmal die Hirsauer Steige hinauf nach Hause. Oben am Ende der Steige, als sie in eifrigem Gespräch begriffen waren, huschte eine Gestalt, die einen Schein wie ein [165] Licht von sich gab, talaufwärts in der Richtung gegen den Ort Althengstett mit dem Ausruf: Au weh! schnell an inen vorüber, worauf sie den Weg in aller Stille fortsezten. Auf den Wisen, in der Nähe des Orts haben die Leute um Advent schon Lichter gehen sehen. (Mündlich)



      17    D e r   l a n g e   M a n n.  Als eine Frau Nachts auf dem Fußweg von Hornberg nach Aichhalden heim gieng, sah sie einen langen Mann neben dem Wege stehen. Sie überlegte, ob sie zurück oder iren Weg fortsezen solle, dachte aber, er wird dir nichts tun und gieng weiter. Der Lange sei ein Stück weit mit ir, habe sich dann verbeugt und sei verschwunden. (Mündlich.)



      18   D e r   K o c h l ö f f e l b u b.  Im Walde zwischen Aichhalden und Zwerenberg get ein Geist, der Nachts den Leuten schon in Gestalt eines Hirsches begegnete. Ein Mann von Aichhalden wurde einmal hart von im bedrängt, indem er von der Straße ab in den Wald hinein genötigt wurde, wo in der Geist gegen eine Tanne zu drücken suchte. Als der Mann sein Meßer aus der Seitentasche hervorziehen wollte, habe er es nicht herausgebracht. Zulezt sei der Geist von im abgestanden und in dem Dickicht verschwunden. Als er nach einigen Tagen den Vorfall dem Förster im nahen Hofstett erzälte, erwiderte diser: „Das wiße er wol, dasselbe sei im an jener Stelle auch schon paßirt“. Der Hirsch soll der Kochlöffelbub sein, ein Hausirer, der sich dort an einer Tanne erhängt hatte. In der Nähe von jenem Plaze, etwas waldeinwärts, findet sich noch ein verschütteter Keller1). (Mündlich von Aichhalden.)



      19   D e r   S t i c k e l.  Im Enztal bei Wildbad lebte ein armer Mann, ein Familienvater Namens Stickel. Er klagte seine Not dem Schultheiß und bat um Unterstüzung. Diser wis in ab und kümmerte sich nicht um in, Stickel schleppte sich weiter, ist aber unterwegs verhungert und wurde auf dem höchsten Punkt der Straße gegen Simmersfeld todt gefunden. So oft nun der Schultheiß dise Stelle paßirte, bekam er von unsichtbarer Hand immer Orfeigen, gleichvil ob er allein gieng oder andere mit im waren. Im leztern Fall wurden auch seine Begleiter mit Schlägen traktirt. Es heißt, das tue der Stickel. Tatsache ist, daß der Schultheiß die Stelle meidet und oft einen großen Umweg nicht scheut, um dem Stickel auszuweichen. (Mündlich von Aichhalden.)



      20   D e r   N o n n e n w a g s c h i m m e l.  In Dennjächt get die Sage, an der Nagold oberhalb dises Ortes streife der Nonnenwagschimmel. Als vor 40-50 Jaren ein Mann aus Dennjächt Namens Gengenbach von dem badischen Orte Neuhausen heimkerte, sah er

1) Die OA Beschr. Vermutet, derselbe rüre von einem Beguinenhause her; übrigens ist der Sage nach in der Gegend einmal eine kleine Stadt gestanden.

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den Schimmel aus dem Nagoldwer, dem sogenannten Nonnenwag heraussteigen. Das Pferd kam hinter im her und war im mit den Vorderfüßen fast schon im Nacken. In seiner Angst lief der Mann davon, sezte an einer seichten Stelle über die Nagold und rannte nach Hause, wo er in Folge des ausgestandenen Schreckens acht Tage krank darniderlag. (Mündlich von Dennjächt.)



      21a   D i e   W a n d e l b i l d e r   i n   d e r   K i r c h e  z u  A i c h h a l d e n.  In diser alten Wallfartskirche standen bis Ende der 1860r Jare drei halblebensgroße hölzerne Bilder, die früher vergoldet waren: eine Maria, einen Bischof und einen Klostergeistlichen vorstellend. Von disen Bildern sagte man, sie haben aus der Kirche nicht entfernt werden können; wenn man sie fortnam, standen sie am andern Morgen wider auf irer Stelle. Die Kirche selbst zeigt die gleiche Bauart wie die alten Kirchen in Belsen und Kentheim.  Aus Acten des OA Calw, und mündlich.



      21b   K i r c h e   n i c h t  g e h e u e r.  In derselben Kirche (zu Aichhalden) hörte man früher zur Nachtzeit öfters ein Gepolter, wie wenn Kegel gespilt würde. Wenn die Kegel fielen, hörte man es rufen: vier, fünf, äll um! (Mündlich von Aichhalden.)



      22   E r d m ä n n l e i n  i n   A i c h h a l d e n.  In das Hirschwirtshaus in Aichhalden bei Calw sind früher immer zwei Erdmännlein gekommen, die das Brod gebacken, auch auf dem Acker gearbeitet haben. Da ließ inen der Wirt einmal neue Kleider machen, worauf sie sagten, jetzt seien sie bezalt. Und kamen von da an nicht wider.
(Mündlich.)



      23   D i e   G l o c k e   z u   S i m m e r s f e l d.  Im sogenannten Hardt bei Oberweiler wülte ein Schwein eine Glocke zu Tag. Als sie in Bewegung gesezt wurde, habe sie immer getan:
       Susanna,
       Glockastanga,
       zʼSimmersfeld do muß i hanga.
Und so kam die Glocke nach Simmersfeld, wo sie noch hängt. (Mündlich von Aichhalden.)



      24   G l a u b e n   a n   a l t e   R e c h t e.  Die Bewoner der vormals Hirsauischen Klosterorte Agenbach, Ottenbronn, Oberkollbach und Oberreichenbach leben der festen Ueberzeugung, daß dise Gemeinden von Klosterzeiten her bedeutende Rechte an die umligenden Staatswaldungen besizen, welche inen vom Staate, dem Rechtsnachfolger des Klosters, vorenthalten werden. In disem Glauben wurden sie früher von Forstbeamten bestärkt, welche sich im gleichen Sinn äußerten. In Ottenbronn habe ein Förster einst gesagt: „wenn sie wüßten, wie reich sie wären, dann könnten sie alle mit silbernen Pflügen faren.“ Auf die gleiche Färte wurden auch Rechtskundige gefürt, welche sich darüber beklagten, daß inen Nachforschungen in den Staats-Finanzarchiven nicht ermöglicht werden. (Mündlich.)                                                                                                         KDoll



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