Die „Lieder-Chronik“ erschien ab Herbst 1875 in loser Folge in Form vierseitiger Heftchen mit dem Untertitel „Für uns und unsere Freunde“. 1877 wurden die Ausgaben der Jahre 1875 und 1876 in gebundener Form als „Schwäbische Lieder-Chronik. Jahrbuch deutscher Liederdichtung der Gegenwart in Schwaben I.“ gesammelt herausgegeben.
Ab 1877 beginnt die Zählung der Ausgaben neu, ein zweiter Sammelband erschien 1885, der Untertitel lautete hier nur noch „Jahrbuch deutscher Lieder-Dichtung in Schwaben“. Während sich die Paginierung in Band I. nach den einzelnen Heften richtet, wird in Band II. fortlaufend gezählt.
Von den Einzelausgaben sind nur vereinzelte Exemplare erhalten geblieben, die Sammelbände sind dagegen in einigen Bibliotheken verfügbar, etwa in der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart oder in der Bibliothek des Deutschen Literaturarchivs in Marbach.
Beim zweiten Band sind sowohl die Seitenzahlen der Einzelausgaben als auch die des Sammelbands angegeben, letztere in Klammern.
Nr. 8 / I.
Einst und Jetzt
Schienenwege
Nr. 11 / I.
Stadtwärts
Vor dem Rathhaus
Nr. 18 / I.
Nachtstück
Bischoff
Nr. 19 / I.
Ausblick
Die Besten gehn dahin
Im Dämmerschein des Lampenlichtes
Nr. 5 / II.
Liebenzell
Hirsau
Nr. 9 / II.
Die Stiftung der hohen Schule zu Tübingen
Nr. 14 / II.
Herzogin Judith
[Nr. 8 / I. (1876)]
[4]
Sonette aus Calw.
von Carl Doll.
I. Einst und Jetzt.
Wie schmiegst du sanft, mit wonnigem Behagen
Dich hügelan, wo traute Schatten wohnen!
Die Sonne selbst will freundlich deiner schonen.
Warʼs immer so, auch in vergangnen Tagen
Schön war es, ja, da Thurm an Thurme ragen
Man schaute stolzgezackte Mauerkronen;
Als deine Bürger nach entfernten Zonen
Der trauten Heimat Namen einst getragen.
Doch freier, schöner dünket mir das Heute,
Du Schwarzwaldperle, der in vollster Schöne
Der alte Reiz sich wundersam erneute.
Wer sagt mir, ob Natur dich würdʼger kröne,
Die keinen Aufwand, dich zu schmücken, scheute,
Ob Edelsinn und Liebe deiner Söhne?
↑
II. Schienenwege.
Der Ruf erscholl: dem Dampfroß eine Gasse!
Und tausend Hände, tausend Hämmer schwingend,
Ermannten sich, die dunklen Mächte zwingend,
Da stob wie Glas der Felsen rothe Masse.
Nun klimmt die Riesenschlange, von Terrasse
Im weiten Ring sich zu Terrasse schlingend,
In Lüften bald, bald durch die Erde dringend,
Thurmhoch, dass sie des Berges Grat erfasse.
Fürwahr ein Wunder ist es, zum Entzücken,
Dich wird, so du dich dem beschwingten Rade
Vertraust, gar wonnesame Schau beglücken.
Doch achtʼ ich mehr die sanftern Eisenpfade,
Die, vollen echten Völkertausches Brücken,
Im Thale ziehn am grünen Flußgestade.
[Nr. 11 / I. (1876)]
[4]
Sonette aus Calw.
von Carl Doll.
III. Stadtwärts.
Den Felsenvorsprung krönend, schaut zu Thale,
Der Arche gleich, da sich die Flut verloren,
Ein frommes Haus, zu hohem Dienst erkoren,
Beschienen von der Sonne schönstem Strale!
Wie fremdes Elend dir zum erstenmale
Die Blümlein darbringt, die der Lenz geboren –
So dringt zum Auge dir, so klingt zu Ohren
Der erste Gruß von dort − vom Hospitale.
Ein gutes Omen. Aber jetzt verdrieße
Dich nicht der Thorweg, der so schmal zur Stund ist,
Als ob er deinen Schritten sich verschließe.
Dieß Zeichen auch ist gut: sofern dir kund ist,
Daß Heil auf e n g e m Pfade nur dir sprieße
Und daß kein Ding hienieden ohne Grund ist.
↑
IV. Vor dem Rathhaus.
Bildwerke nicht von Erz und Alabaster
Erschaust du hier, noch marmorne Brunnenbecken;
Nur spize Dächer mag der Blick entdecken,
Ein ziemlich nüchtern ehrlich deutsches Pflaster.
Hier tragen kurze, stämmige Pilaster
Ein stattlich Haus mit schmucken Giebelecken. −
Allein die Schäze, die sich drin verstecken,
Sind – Bücher, Akten, staubige Kataster!
Denn vor dem Rathhaus stehst du. Vielbesagend
Hält Wacht ein Leu davor vom Brunnensteine:
San Marcoʼs ähnlich, nur nicht Flügel tragend,
Ein deutsches Bild! Statt vieler neimm das Eine,
Nicht blendend, riesig groß gen Himmel ragend;
Doch dünkt und traulich diese Statte wie keine.
[Nr. 18 / I. (1876)]
[4]
Sonette aus Calw.
von Carl Doll.
V. Nachtstück.
Wenn fahl im Mondschein Plaz und Gassen blinken,
Und Schatten wechseln mit dem Licht, dem blassen,
Scharf abgegrenzt zur Rechten dunkle Massen
Gespenstisch ragen, schimmernde zur Linken:
Da ist es, als ob Märchenhände winken,
Als ob anʼs Herz die Zauberträume fassen;
Im Brunnen rauscht ein Echo halbverlassen,
Das eben auch in Schlummer möchte sinken.
Zu solcher Zauberstunde schreit ich gerne
Den Markt hinan, dem Hall der Tritte lauschend,
Gegrüßt vom Silberblick der ewʼgen Sterne.
Da haucht der Vorzeit Geist, vernehmlich rauschend,
Mich an, und er entrückt mich ferne, ferne,
Das Jezt mit Bildern alten Ruhms vertauschend.
↑
VI. Bischoff.
Wie hier der Sonne lichte Stralen brennen, –
Sähʼ nicht im Tannenschmuck die Bergeskrone
Herab, du wähntest dich in andrer Zone,
Du möchtest hier ein südlich Bild erkennen.
Kaum von der Stelle wagst du dich zu trennen.
Stromüber winken schlanke Pavillone,
Wallt Rosenduft, der Hauch der Anemone −
Das ist die Riva, so sie „Bischoff” nennen.
Und hier der Steinbau! Traun, es knüpft an diesen
Ein Name sich, gar wert und hoch zu achten,
Vordem und allezeit im Land gepriesen.
O S t ä l i n , daß dich Schatten schon umnachten!
Echt hast du stets dich wie das Gold erwiesen,
Das du geschürft aus unsrer Vorzeit Schachten.
Carl Doll.
[Nr. 19 / I. (1876)]
[1]
Sonett aus dem Schwarzwald.
Ausblick.
Weß ist das Reich, das über diesen Gauen
Sich dehnt und rührt fast an des Himmels Säume?
Walddunkler Höhn unmeßbar weite Räume,
Wie moosbegrünte Hügel anzuschauen;
Dazwischen tiefgefurchte Thäler, Auen,
So saftig hell vom Thau der Wellenschäume,
Begrenzt von Halden sonndurchglänzter Bäume,
Wohl auch von Felsenriesen, altersgrauen.
Tief mir zu Füßen rauscht die Sägemühle,
Weil ihr des Waldbachs Rieselfluth gewogen,
Drin die Forelle sich erfreut der Kühle;
Doch jubelnd schweift der Blick in weiten Bogen,
Schweift über Matten, Dörfer, Tannenbühle,
Bis zu der Albfirn, dämmerduftumzogen.
Carl Doll.
↑
[2]
[…]
Die Besten gehn dahin.
O Gott! die Besten gehn dahin,
Auf’s Herz wie fällt es schwer!
Durchspähst du Himmel, Meer und Land,
Der Alpen Schnee, der Steppe Sand –
Triffst keinen mehr:
Die besten gehn dahin!
Was frommt der Sehnsucht heiß Gebet?
Tot ist manch theures Herz,
Der Freund, der Weise hochverehrt,
Der Liedermund so lieb, so wert.
Umsonst der Schmerz,
Der Sehnsucht heiß Gebet.
Glanzlos, voll Nebel ist die Welt,
Die Glut der Sonne matt,
Blutlos die Menschen, kalt und taub –
Abfällt, was du geliebt, wie Laub,
Ach, Blatt für Blatt!
Voll Nebel ist die Welt.
Carl Doll.
↑
[3]
Im Dämmerschein des Lampenlichtes.
Wenn holdverklärten Angesichtes
Dein Liebling ruht, entschlummert kaum,
Im Dämmerschein des Lampenlichtes
Beugst du dich über seinen Traum.
Froh hängt dein Blick an Stirn und Wange,
Wie Veilchenduft umweht’s dich lind.
Dein Kind, betracht’ es lange, lange –
Die Zeit entwirbelt wie der Wind.
Von Fernen träumst du, weit entlegnen,
Kehrst zu dem Kinde dann entzückt,
Aus vollem Herzen es zu segnen,
Dieweil der Segen d i c h beglückt.
In deiner Seele welch ein Schimmer,
Der ihr im tiefsten Dunkel bleibt,
Urkräftig, daß das Herz dir immer
Erneute Liebesblüten treibt!
Im Dämmerschein des Lampenlichtes,
O beug dich über seinen Traum,
Wenn holdverklärten Angesichtes
Dein Liebling ruht, entschlummert kaum.
Carl Doll.
[Nr. 5 / II. (1877)]
[4(20)]
Sonette vom Schwarzwald.
Liebenzell.
Hast unten du den Blick genug geweidet,
Bald ist das steile Städtchen auch erklommen.
Dich lockt die Burg, die, von Azur umschwommen,
Das Thal beherrscht, mit Epheugrün bekleidet.
Daß Pfad und Schloßhof nimmer dir entleidet,
Dem Förster dankʼs! Doch oben angekommen,
Von Thal und See dein Herz ist eingenommen,
Wie von der Schönheit, die sich still bescheidet.
Nach solcher Schau, jezt, in der Zeit des Lenzen,
Erquicke dich ein Tröpflein von dem Guten,
Und wo der Hirsch äst, laß es dir kredenzen.
Wenn Liobaʼs Thermen Abends dich umfluthen,
Dir auf den Wellen schaukelt, ohne Grenzen,
Was du geschaut, umsäumt von goldnen Gluthen.
↑
Hirsau.
Es glänzt das Thal, umkränzt von waldʼgen Hügeln,
Der Fluß, die Luft − nur lichte Wölkchen schweben:
Die klugen Mönchlein wußten, gottergeben,
Der Erde schönste Fleckchen auszuklügeln.
Hell stund mit Kreuzgang, Thürmen, Höfen, Flügeln,
Das Kloster da. War das ein frommes Leben!
Hei, Geistesarbeit bei Brevier und Reben!
Gern stiegen Fürsten selbst hier aus den Bügeln.
Der Greiner auch: ob mehr ihn Orgelschallen,
Ihn Klosterwein ergözt, man weiß es nimmer;
Denn längst in Schutt ist all die Pracht zerfallen.
Ein Sänger sang davon − er schläft für immer.
Grün steigt die Ulme noch aus Trümmerhallen,
Und breitet schweigsam ihren Blätterschimmer.
Carl Doll.
[Nr. 9 / II. (1877)]
[2(34)]
Die Stiftung der hohen Schule zu Tübingen
Anno 1477.
Graf Eberhard der sprach einmal:
„Wolan, so Gott es will!!
Schafft Pergament mir sammt Pennal!”
Dann sezt er sich gar still,
Und voll die Feder taucht er ein
Und schreibt mit kräft’ger Hand:
„Tubinga soll die Hoschschul sein
Im Wirtemberger Land!
Kristallhell soll ein Brünnlein gehn,
Tiefgründig voller Kraft,
Um nie hinfüro still zu stehn:
Die edle Wissenschaft.
Trost schöpfen soll und Heilsgewinn
Die Welt aus ihrer Lehr,
Die Brunst der Unvernunft darin
Zu löschen mehr und mehr!”
Und als die Schrift besiegelt war,
Fürwar ein goldner Brief,
Er sandte seine Boten dar,
Hei, wie das flog und lief!
Nie klang ein Wort ins Reich hinein,
Das hellern Jubel fand:
„Tubinga soll die Hochschul sein
Im Wirtemberger Land:”
Der Himmel hing voll Glanz und Licht,
Mailust durchzog die Luft,
Und war des Lenzes Zeit doch nicht,
Die Zeit voll Klang, voll Duft;
Dem wellenlichten Neckar schwoll
Die Brust gar jugendkühn
Und leuchtend, süßer Ahnung voll,
Stund rings das Rebengrün.
Wie frisch und voll ein Quell im Wald
Wol unter Strauch und Dorn,
So sprudelt hier in Fülle bald
Der Weisheit edler Born.
[3(35)]
Die stillen Straßen werden laut,
Schaar wogt auf Schaar heran:
Und die Philister, baß erbaut,
Schaun sich die Wallfahrt an.
Vom Schwarzwald und vom Schönbuch her
Zieht fahrend Volk herein,
Gequält von Wissensdurst so sehr,
Mit Bündeln groß und klein,
Urbieder, Herz und Auge hell,
Landsknechte bester Art,
Zu werden an der Weisheit Quell
So mannlich als gelahrt.
O, solch ein Trank, das ist fürwar
Ein Trank, der Geister lezt,
Der Volk und Staat gar wunderbar
Mit frischer Kraft durchsezt.
O hoch zu preisen ist der Gau,
Der solchen Quell besizt,
Draus wie aus hellem Himmelsthau
Der Stral des Tages blizt! –
Zu Hohen-Tübingen der Graf
Vom Söller niedersah:
Ein Kleinod, das die Sonne traf,
Lag seine Schöpfung da.
Da legt die Hand er auf die Brust:
„Herr! gern nun fahr ich hin,
Nur Wen’gen hast die höchste Lust,
Mir hast du sie verliehn .
Und ist ein Wunsch mir noch erlaubt,
Der eine soll es sein:
Wenn einst sich müde senkt dies Haupt,
Dies Auge schlummert ein,
So gib o Himmel, Enkel mir,
Die allerweg mit Fleiß
Und Liebe pflegen, was ich hier
Gepflanzet! Also sei’s.”
Carl Doll.
[Nr. 14 / II. (1877)]
[1(53)]
Herzogin Judith.
Schwäbische Sage.
I.
Das war zu Hohenstaufen dem schroffen Adlerstein,
Frau Judith saß, die kranke, die Herzogin allein.
O schlimme Zeit! es weilte der Herzog fern genug:
Sie sah hinaus zum Himmel und seiner Wolken Zug.
Herr Sweneger der greise pflag ihr und sprach ihr Mut,
Das Schloß, es war vertrauet in seine treue Hut.
So kam schon mancher Morgen im Glühroth wunderhold,
So sank schon mancher Abend umsäumt von Purpurgold.
Und wiederum das Dunkel zerfloß am Sonnenstral –
Welch ein Getös erwachet, welch ein Gewirr im Thal?
Es hebt ihr Haupt die Kranke vom Pfül: da war das Feld
Weiß überall, wie Silber erschimmert Zelt an Zelt.
Hilf Himmel! seufzt sei bange, sinkt auf den Pfül zurück.
Da naht der alte Burgvogt: der Tag ist ohne Glück!
Herr Lothar schlich, der König, heran voll Grimm und Zorn,
Der Staufer und der Staufen sind seinem Aug ein Dorn.
Doch seid drob ohne Sorgen. Ist unsre Zal auch klein,
Wir zeigen ihm die Pfade, vielliebe Herrin mein. –
O seid dafür gesegnet! nun thut was Eure Pflicht!
Mir scheint, der Herzog Friedrich, zu lange säumt er nicht. –
Er eilt auf Thurm und Zinne, gebietet dort und hier,
Ein Jüngling scheint der Alte, wich auch die Kraft ihm schier.
Wie späht er oft zur Ferne scharfblickenden Gesichts:
Wie sehr er späht, vom Herzog noch immer schaut er nichts.
Die Veste ward umrungen, umworben manchen Tag.
Da kam ein Traum der Herrin, dieweil sie schlafend lag:
In Flammen steht ihr Trauter, nach ihr den Arm er streckt
Und kann sie nicht erreichen. – O, wie der Traum sie schreckt!
[2(54)]
Da stürzt am lichten Morgen der Wächter froh herein:
Glück auf! ich bring Euch Kunde, die mag Euch Manna sein:
Von Helmen und von Brünnen es funkelt in der Fern,
O Heil Euch! denn empfangen nun sollt Ihr Euren Herrn.
Da falten sich zwei Hände gar fromm: So Gott es will!
Zwei Augen glänzen selig. Dann ist es lange still.
Und wieder tritt der Wächter, doch bleich und wirren Haars;
Weh! was ich sah, kein Staufer, der Bayern Herzog wars!
Der Herzogin, der kranken, der geht das böse Wort,
Wie scharfe Schwertesschneide durchs Herze allsofort;
Heinrich, o du mein Bruder! – kein Wörtlein mehr sie spricht,
Zu Nacht ein totes Antliz bescheint des Mondes Licht.
II.
Horch, durch des Volkes Schluchzen hallt’s wie Trompetenton,
Herr Sweneger, der Burgvogt, schaut von der Zinne schon:
Herr Vogt, Euch läßt entbieten der König, daß Ihrs wißt,
Euch und die Burg ergeben sollt Ihr zu dieser Frist.
So melde deinem König, der Greis zur Antwort gab,
Wir haben eine Tote, die sehnt sich in ihr Grab;
Zwei Tage Zeit gewäre der edle König dein,
Daß wir gen Lorch sie führen zum stillen Kämmerlein.
Und wieder hält der Herold: Euch ist die Frist verliehn,
Doch mitten durch das Lager soll eure Leiche ziehn.
Der Herold ritt von dannen, hinab wol auf den Plan,
Drauf ward ein Mauerpförtchen sacht oben aufgethan.
Hervor nun tritt gar schweigsam ein langer schwarzer Zug,
Es waren Aller Augen verweint, betrübt genug.
Das Bartuch zierten Rauten und Staufens edler Leu,
Gar ernst der Burgvogt schaute, der Diener wert und treu.
[3(55)]
Im Lager vor dem König sie halten mit dem Schrein,
Der finstre Bayernherzog, er sah so höhnisch drein.
Nun trat, gebeugt vom Alter, der Burgvogt aus dem Chor,
Und neigt sich: Dank, Herr König, für Eure Gunst zuvor.
Daß unser Wort kein eitles – nicht sind wir Trug gewöhnt –
Schaut her! Vom Sarge stoßt er den Deckel daß es dröhnt.
Wie blaßte da der Herzog! Der Vogt: die Herrin wert
Judith von Hohenstaufen in ihre Gruft begehrt.
Der Dolchstoß, der sie fällte, die Flamme, die sie fraß,
Das war des Bruders Untreu, der seines Bluts vergaß. –
Da stand er wie verwandelt, der wetterharte Mann,
Den Schmerz er meistert nimmer, und seine Thräne rann.
Und an der Bahre kniet er und küßt der Toten Hand;
Was er gelobt im Stillen, deß wars ein ehrlich Pfand,
Da winkt der Vogt, der Alte, die Träger stehn bereit:
Der Herzog und die Seinen nicht fehlten im Geleit.
Am alten Bürenschlosse bog sich hinab den Tann
Ein Zug, wie noch kein zweiter den Klosterhof gewann.
Und als in küler Zelle sie war zur Ruh gebracht,
Da hielten hoch am Himmel die Sterne Grabeswacht.
Und als die Nacht gewichen, der Tag erschienen war,
Da war kein Herzog Heinrich und keine Bayerschar.
Und aber als der Abend im Dämmerlicht erschien,
Sah er mit seinem Heerbann heimwärts den König ziehn.
Am dritten Morgen reitet der Herzog Friedrich ein,
Es liegt der Hohenstaufen in mattem Frühlichtschein;
Herr Sweneger, der treue, dem Herrn die Rechte bot:
Euch ist die Burg erhalten durch eurer Frauen Tod.
Carl Doll.